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1957 Gibson ES – 157D Natural

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Gibson ES-175DN(Bild: Jörn Eisenhauer)

Die ES-175 zählt zu den erfolgreichsten Archtop-Designs aus dem Hause Gibson. Ende der 40er-Jahre ins Rennen geschickt, durchlief das Modell über die Jahre hinweg einige Wandlungen in der Ausstattung, blieb aber von der prinzipiellen Bauweise her seiner Form und Ausrichtung treu und ist bis heute ungebrochen im Programm.

Die als Jazz-Instrument entworfene Archtop kann auf berühmte Spieler wie Joe Pass, Herb Ellis und Pat Metheny verweisen, eroberte aber auch die Herzen einiger Rock-Gitarristen, allen voran Steve Howe von Yes. Gibsons der 50er-Jahre gehören nicht ohne Grund zu den bei Sammlern begehrtesten, aber natürlich auch teuersten E-Gitarren auf dem Vintage-Markt.

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viva la revolución

Als Charlie Christian 1939 der Big Band von Benny Goodman beitrat, war die elektrische Gitarre noch so gut wie ungehört in der damaligen Musikwelt. Gerade einmal gut ein Jahrzehnt später, zu Beginn der 50er-Jahre, wurden Gitarristen dagegen nur noch selten ohne die Assistenz eines Verstärkers angetroffen. Christian, von dem der Ausruf überliefert ist: „Gitarristen, wacht auf und spielt! Verkabelt den Klang, damit sie euch spielen hören!“ hatte mit seinen erstmals auch in lauten Big Bands hörbar gemachten Melodielinien und dem Sound seiner Gibson ES-150-Hollowbody mit einzelnem Pickup am Hals eine Revolution ausgelöst und damit eine ganze Generation von Gitarristen inspiriert.

Die Produktion der ES-150, die noch dem alten Bild der Schlaggitarre verhaftet war, wurde 1956 wegen sinkender Verkaufszahlen zugunsten aufwendiger gebauter und zeitgemäß weiterentwickelter Instrumente eingestellt. Schließlich hatte die Elektrifizierung aus der Gitarre ein Melodieinstrument gemacht, das nach einem größeren Tonumfang rief und damit das Cutaway für einen verbesserten Zugang zu den hohen Lagen des Griffbretts förmlich erzwang. Die auf Grundlage der ES-150 entwickelte und Mitte 1949 eingeführte ES-175 wartete mit genau diesem modernen Feature auf, dem spitzen florentinischen Cutaway anstelle des bis dahin gebräuchlichen gerundeten venezianischen Cutaway, und entwickelte sich nicht zuletzt auch wegen ihres verhältnismäßig moderaten Preises, gemessen etwa an der hauseigenen großen L5, schnell zu einem Renner.

Gibson ES-175DN(Bild: Jörn Eisenhauer)

sperrholz-sound

Die ES-175 war für lange Zeit sogar das bestverkaufte Archtop-Modell aus dem Gibson-Katalog. Grund für den günstigen Preis war nicht zuletzt die Verwendung alternativer Materialien für den Korpusbau. Anstelle von handgeschnitzten Decken und massiven Tonhölzern für die Zargen und den Boden kam bei der ES-175 ein Laminat aus Ahorn und Pappel zum Einsatz, das seine Wölbungen durch Pressen unter Hitzeeinwirkung erhielt. Dieses Sperrholz war natürlich nicht nur günstiger in der Beschaffung, man konnte damit zudem eine Menge Handarbeit einsparen.

Es sollte sich aber dann darüber hinaus auch noch herausstellen, dass ein aus Laminat gebauter Korpus durchaus über weitere Vorteile verfügt. Nicht nur ist er unabhängiger von Witterungseinflüssen im Vergleich zu einem aus massiven Hölzern gefertigten Body, er schwingt auch nicht so stark und diese Bedämpfung vermindert die Gefahr der gefürchteten Rückkopplungen bei elektrischen Instrumenten um einiges. Aus dieser Erfahrung zog man konsequenterweise Schlüsse für die späteren Modelle aus der ES-Reihe.

Zunächst also wurde die handliche Hollowbody mit dem spitzen florentinischen Cutaway, grundsätzlich im Übrigen stilprägend auch für spätere Gitarrenmodelle wie die Les Paul, mit einem einzelnen Pickup in Halsposition ausgeliefert. Ab 1953 gab es die ES175 auch mit einem Paar P-90-Singlecoil-Pickups, was die Gitarre klanglich deutlich beweglicher machte. 1957 war dann das erste Jahr in dem Gibson die neu entwickelten, nebengeräuscharmen Humbucker-Pickups in seine Gitarren einbaute. Die an dieser Stelle vorgestellte ikonische Single-Cut-Archtop gehört also zu den frühen Versionen und besitzt originale Non-Sticker-PAFs.

Gibson ES-175DN(Bild: Jörn Eisenhauer)

selten … seltener

Das Instrument ist mit seinem kraftvoll gerundeten, aber bestens spielbaren Halsprofil der späten 50er-Jahre immer noch ein funktionsstarkes und toll klingendes Arbeitsgerät, aber auch Sammler werden sich die Finger danach lecken. In „Natural blonde“ wurden 1957 vom 175D-Modell (D für doppelte Pickup-Bestückung) nämlich lediglich 175 Exemplare gebaut, dazu kamen noch 92 Ausführungen mit einzelnem Pickup. In den Folgejahren nahm die Zahl der gefertigten Modelle in Natural dann sogar noch deutlich ab.

1967 verließen nur noch 26 blonde Exemplare das Gibson-Werk in Kalamazoo, entgegen 840 Versionen davon in Sunburst. Das Electric-Spanish-Modell ES-175DN von Gibson gehört also zu den eher selten zu findenden Modellvarianten dieser geschichtsträchtigen Gitarre und für ein Exemplar in gut erhaltenem originalem Zustand sind dafür zur Zeit etwa um die € 12.000 aufzubringen. Dank an Jörn Eisenhauer von Vintage-Guitar Oldenburg!

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2018)

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