Auch wenn US-Gitarrengenie Zakk Wylde natürlich der Superstar von Black Label Society ist, darf man seine Mitstreiter nicht unterschätzen. Allen voran seinen Bassisten John DeServio. Wir trafen den Berklee-Absolventen und technisch außergewöhnlich guten Musiker bei einem BLS-Konzert in Hamburg, schauten uns sein Equipment an und erfuhren dabei einiges über seinen Lebenslauf.
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interview
John, wie hast du Zakk Wylde kennengelernt?
Ich bin schon seit 1987 mit ihm befreundet und war bereits 1994 bei Pride & Glory dabei. Kennengelernt habe ich Zakk in einem Club in meiner Nähe. Ich hörte, dass er dort mit seiner Band spielt und ging hin, weil es hieß, er sei der reine Wahnsinn. Und tatsächlich: Zakk spielte wie die Hölle, man hörte, dass er die gleichen Musiker wie ich mochte, also Al Di Meola, Randy Rhoads und so weiter. Wir jammten ein wenig, unterhielten uns anschließend in der Garderobe über Musik und wurden Freunde. Ein Jahr später heuerte er bei Ozzy an. Ich war damals auf dem Berklee College Of Music in Boston. Zu der Zeit gab es auf dem Campus noch öffentliche Telefonzellen. Er rief mich auf einer solchen an und sagte: „Du glaubst es nicht, aber Ozzy hat mich engagiert.“ Ich wusste, dass er den Job bekommen würde, denn keiner spielt wie er. Zakk ist der pure Wahnsinn.
Warum habt ihr damals Pride & Glory aufgelöst. Es war doch eine großartige Band!
Ja, finde ich auch, aber man hatte damals den Eindruck, dass die Leute uns nicht richtig annahmen. Vielleicht erwarteten sie von Zakk etwas anderes, eher Ozzylastiges. Ich weiß es nicht. Mit Black Label Society war es auf alle Fälle deutlich einfacher. Bei Pride & Glory bestimmte vor allem Zakks Vorliebe für Southern Rock die Musik, also Allman Brothers, Lynyrd Skynyrd. Bei Black Label Society war es dagegen von Beginn an dunkler Metal. Aber vielleicht musste es so kommen. Man durchläuft im Leben unterschiedliche Phasen, die alle für irgendetwas wichtig sind.
Wie bist du überhaupt zur Musik gekommen? Was hast du vor Berklee gemacht?
Ich habe ältere Brüder und Schwestern, die Black Sabbath, The Doors und Led Zeppelin hörten. Ich weiß noch, dass mir in der dritten Klasse ein Schulkamerad ein Foto von Kiss zeigte. Ich war wie paralysiert und wusste sofort, dass ich so etwas unbedingt auch machen wollte. Ich schaute mir den aus meiner Sicht gruseligsten Kiss-Musiker an und fragte: „Wer ist das und was spielt er?“ Die Antwort lautete: „Das ist Gene Simmons, er spielt Bass.“ Damit stand fest, was ich spielen möchte. Das war 1975, ich war gerade acht, für mich öffnete sich eine wundersame Welt.
Du hast immer mit Fingern gespielt?
Ja. Das heißt: Nein, in meinem allerersten Jahr habe ich mit Plektrum gespielt. 1983 traf ich Steve Harris in New York. The Rods waren Vorgruppe von Iron Maiden im Palladium, die ‚Number Of The Beast‘-Tour. Ich stand am Straßenrand, eine Limousine fuhr an mir vorbei, hielt an, Steve Harris stieg aus, ich rannte zu ihm, er gab mir an einer Absperrung ein Autogramm auf mein ‚Killers‘-T-Shirt, das ich heute immer noch besitze, und ich sagte zu ihm: „Steve, ich danke dir, denn du hast dafür gesorgt, dass ich vom Plektrum zu Fingern gewechselt bin.“ Ich war 16 und noch ganz am Anfang. Dann entdeckte ich Al Di Meola, Stanley Clarke und den Funk. Für mich ist der Bass das Funk-Instrument. Und perfekt für Jazz. Als ich nach Berklee ging, merkte ich, wie sehr dort der Schwerpunkt auf Jazz und Funk lag.
Was waren die wichtigsten Lektionen, die du in Berklee gelernt hast?
Offen für alles zu sein! Ich wurde in den unterschiedlichsten Stilen unterrichtet, und von allen konnte ich etwas mitnehmen. Es gab Blues-Klassen, aber auch Kurse in Rock, Heavy Metal, Latin, Jazz, Funk oder Fusion. Ich mochte alles. Das Einzige, was man in Berklee nicht lernen kann, sondern in sich tragen muss, ist Leidenschaft. Ich habe sie. Niemand musste mich als Kind zum Üben zwingen, ich tat es aus purer Freude und Leidenschaft.
Kannst du mal beschreiben, welche Rolle du bei Black Label Society besetzt und welches deine musikalischen Berührungspunkte mit Zakk sind?
Meine Rolle? (grinst) Nun, ich koche, kümmere mich um die Wäsche, trage Zakks Koffer, wechsle die Saiten auf seiner Gitarre, pudere seinen Arsch und mache alles, worauf er steht. Wenn dann noch Zeit bleibt, spiele ich Bass und sorge dafür, dass die Band so gut wie möglich klingt. Bass und Schlagzeug sind ja das Gerüst eines jeden Songs, also muss man möglichst tight spielen. Es ist immer das Gleiche: Jeder hasst den Bassisten so lange, bis er weg ist. Dann merken alle, dass ohne ihn der Gesamt-Sound zusammenbricht.
Ist es für einen Bassisten eine große Herausforderung, mit einem Ausnahmegitarristen wie Zakk Wylde zu spielen?
Nein, für mich nicht, denn wie schon gesagt: Wir stehen auf die gleichen Vorbilder und haben dementsprechend ähnliche Vorstellungen, wie ein Song gespielt werden sollte. Manchmal dopple ich seine Riffs und Licks – ich weiß gar nicht, ob er das überhaupt merkt. (lacht) Das macht mich dann zu einer Art Hybrid aus Bassist und Rhythmusgitarrist. Es ist schon ein Vorteil, wenn man flinke Finger hat und Zakks Parts auf dem Bass doppeln kann.
Aber wie in jeder anderen Band ist meine Hauptaufgabe natürlich, ein sattes Fundament zu liefern und nur in den Solopassagen die Finger wirbeln zu lassen. Innerhalb der Band gibt es eine Art Sportmentalität: Mal schauen, wer der Beste ist! Und der Sieger steht für mich natürlich fest: Ich! (lacht) Deshalb haben wir immer sehr viel Spaß auf der Bühne. Ich bin mit vielen Vorbildern aufgewachsen, die allesamt grandiose Musiker waren, sodass ich von klein auf immer wusste, was ich noch zu lernen hatte.
Kannst du dich eigentlich noch an deinen ersten richtigen Bass erinnern?
Und ob! Es war ein gebrauchter Danelectro, der im Kleinanzeigenteil unserer Zeitung angeboten wurde. Ich war damals zehn und mein Vater fuhr mit mir zum Verkäufer. Ich wusste sofort, dass ich ihn haben wollte, denn meine Kumpels und ich machten schon damals nichts anderes, als uns zu treffen und zu jammen. Bereits ein Jahr später hatte ich eine richtige Band, die Konzerte gab.
Besitzt du den Danelectro-Bass noch?
Nein, leider nicht, auch den zweiten, einen Kent-Bass, der wie ein Fender Jazz Bass aussah, habe ich wieder verkauft. Aber den dritten, einen Hagstrom, besitze ich noch. Nach dem Hagstrom kaufte ich mir einen lilafarbenen Kramer Voyager, den ich quasi gegen einen bundlosen Fender-Bass tauschte, weil ich in Berklee viel Jazz und Funk spielen wollte. Ich habe in meinem Leben eine Menge unterschiedlicher Bässe besessen, bis ich schließlich bei Schecter gelandet bin und meinen eigenen Bass bekam. Ich habe das Design selbst entworfen und dabei vor allem auf einen guten Hals geachtet. Denn das ist es, worauf es bei einem Instrument ankommt.
Ich stehe auf den Hals des Fender Precision, finde ihn auf der Rückseite aber ein klein wenig zu dick. Deswegen ist meiner etwas flacher. Hier, fühl mal! (hält mir seinen Bass hin) Fühlt er sich nicht großartig an? Er liegt perfekt in der Hand und man kann mit ihm hemmungslos shredden.
Wie viele Prototypen gab es, bis du endgültig zufrieden warst?
Eine ganze Reihe. Ein Kumpel in meiner Heimatstadt baut Bässe, mit ihm zusammen habe ich das Design entwickelt und an Schecter weitergegeben. Daraufhin schickten sie mir unterschiedliche Hälse zur Auswahl, anschließend einen Prototyp mit der von mir entwickelten Form und dem von mir ausgesuchten Hals. Und so ging es Schritt für Schritt weiter, bis ich das heutige Resultat in den Händen hielt. Ein wundervoller Bass!
Letzte Frage: Was machst du in Phasen, in denen Black Label Society pausieren?
Ich habe noch meine Band Cycle Of Pain, auch wenn es nicht einfach ist, sie am Markt zu etablieren. Außerdem komponiere ich viel, unterrichte ein wenig, spiele auf Scheiben anderer Künstler (wie jüngst auf Michael Romeos Soloalbum ‚War Of The Worlds, Part I‘, Anm. d. Verf.), produziere Bands in meinem eigenen Studio, und seit ‚Order Of The Black‘ auch die Scheiben von Black Label Society, was mir sehr viel Spaß macht. Und Spaß ist ja das Wichtigste im Leben, oder?