Test: Mooer 016/Phoenix, 017/Cali MK IV, 018/Custom 100
von Ebo Wagner,
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(Bild: Dieter Stork)
Fortsetzung folgt, das ist schon jetzt klar. Während wir hier die aktuell neu in die Läden gekommenen Modelle besprechen, stehen die nächsten Micro Preamps auf der Homepage von Mooer schon in den Startlöchern. Hier und heute geht es um deutsche Metal-Amps, einen amerikanischen Neo-Klassiker und einen Plexi-Briten.
Im vorigen Test der Kleinst-Preamps frotzelte ich noch, ob Mooer angesichts der dreistelligen Nummerierungen die „999“ vollmachen möchte. Das wohl nicht, aber dass es „100“ werden könnten, scheint nicht mehr unwahrscheinlich.
Führen wir uns noch einmal kurz die Spezifikationen vor Augen. Die Winzlinge haben zwei Sound-Kanäle zu bieten, mit unabhängiger Abstimmung, sprich Dreibandklangregelung, Gain und Volume.
Eine Cabinet-Simulation gehört zum Konzept, wie auch die Option, den Fußtaster auf zwei verschiedene Arten zu benutzen. Hält man ihn länger gedrückt, wechselt er zwischen den beiden Modi: 1. On/Off schalten, 2. Kanalwechsel.
Auch der kleine Druckschalter neben dem Gain-Poti kann zweierlei, den Kanal wechseln und den Status der Cab-Simulation ändern. Dazu kommen noch die Anschlüsse Input, Output und DC-In, damit sind alle Bedienungselemente genannt.
Im Stromverbrauch sind die Micro Preamps übrigens ziemlich hungrig. Sie ziehen ca. 300mA/9VDC. Ein passendes Netzteil gehörten nicht zum Lieferumfang.
Was man nicht vernachlässigen sollte: die Idee ist nicht, die Pedale vor einem Verstärker zu verwenden. Sie sollen einen FX-Return, Line-In o. ä. füttern bzw. direkt eine Endstufe ansprechen.
016 Phoenix
Jedes Micro-Preamp-Modell lehnt sich an eine bestimmte Spezies bzw. einen Typ von analogen Verstärkern an. Im Falle des Phoenix spricht Mooer von einer „Hommage an moderne, german-designed Metal-Amps“.
Eine etwas schwammige, diffuse Ansage – man weiß nicht so recht, was wirklich gemeint ist; Diezel? Engl? Oder? Na, einfach mal anwerfen und hören.
Im Kern haben wir es mit britischer High-Gain-Distortion zu tun. Doch wirklich hochgezüchtet, tendenziell mit scharfem Biss in den oberen Frequenzlagen. Das Klangbild ist groß und ausgesprochen kräftig, imponierend.
Die Verzerrungen bilden sich organisch aus, u. a. mit gesundem Sustain, und selbst bei Max.-Gain und Akkorden unerwartet harmonisch. Auch der Clean-Modus überzeugt. Mit betont voluminösen, in den Höhen dezentem Grund-Sound.
Die effiziente Klangregelung lässt weit reichend Variationen zu, in beiden Kanälen. Vor allem wegen der lebendigen, röhrenähnlichen Distortion ist der Phoenix definitiv eines der besten bisher erschienenen Micro-Preamp-Modelle.
017 Cali MK IV
Die Bezeichnung ist deutlicher. Kann ja nur der MKIV von Mesa Boogie gemeint sein, zumal stilisiert ein 5-Band-Graphic-EQ das Bedienfeld verziert. Große Aufgabe für einen kleinen Modeling-Amp.
Bewältigt er aber geschickt, indem eine Mittennase den schlanken Distortion-Ton prägt. Ähnlich wie bei einem feststehenden Wah-Filter, entwickelt sich ein weich singendes Timbre, das sich dank changierender Oberwellen im Mittenbereich und einer homogen langen Ausklingphase recht röhrenähnlich und lebhaft darstellt.
Wer Bass will, kann ohne Weiteres kräftig nachlegen. Allerdings verwässert das den gelungenen Klangcharakter.
Die Kompression/ Ansprache des Vorbilds Boogie MKIV erlebt man nicht – wie auch, Modeling kann die elektrisch komplexen Interaktionen von Röhren-Amps wenn überhaupt nur bedingt nachahmen – aber die Ansprache ist trotzdem gefällig, stramm, dabei aber nicht überhart.
Der Clean-Modus zeichnet sich durch breitbandige Fülle bei dezenter Brillanz und Tiefe aus. Zumindest diese drei Micro-Preamps nehmen sich in diesem Modus gegenseitig nicht viel. Charakterstarkes Pedal.
018 Custom 100
Typisierung: „Plexi-basierter Boutique Signature-Amp“. Etwas vage, oder? Egal, das spielt eigentlich eine untergeordnete Rolle vor dem Hintergrund, dass die kleinen Modeling-Preamps ihrer technischen Natur nach ohnehin nur bedingt mit den analogen Vorbildern gleichziehen können.
Das Klangbild ist auf jeden Fall klar britisch offensiv ausgerichtet. Aber ungleich fetter in den Mitten als bei Vintage-Plexis. Dazu addieren sich hohe Gain-/Verzerrungsreserven. Etwas steif in der Ansprache und verhalten bei der Sustain-Unterstützung bietet #018 dennoch ein recht angenehmes Spielgefühl, mit bei Bedarf massivem Druck in den tiefen Frequenzen.
Die Klangregelung arbeitet im Dist-Modus intensiv, kann auch Mid-Scoopen, im voluminösen, aber unspektakulären Clean-Modus agiert sie dezenter, aber immer noch befriedigend variabel. Ganz klar als interessante Alternative ein cooles Pedal für Freunde der heißen Brownsounds.
Resümee
Dieser rote Faden zieht sich bislang durch die gesamte Produktlinie: Wenn man berücksichtigt, wie viel bzw. wie wenig die Micro-Preamps kosten, bieten sie einen beeindruckenden Gegenwert.
Man darf sich nur nicht – ich muss es immer wieder sagen – der Illusion hingeben, sie seien wahre Kopien ihrer Vorlagen. Unsere drei Kandidaten produzieren dynamisch etwas flache, aber ansonsten ausdrucksstarke Sound-Farben und erreichen zudem klanglich eine respektable Variabilität.
Dank der gut ausbalancierten Speaker-Simulation machen die Micro-Preamps auch beim D.I. Recording etc. eine gute Figur. Also: Mit Blick auf das günstige Preis-/Leistungsverhältnis uneingeschränkt empfehlenswert.
PLUS
Sound, Qualität, Bandbreite
zwei Kanäle, variable Bedienung
Speaker-Simulation zuschaltbar
Verarbeitung, Qualität der Bauteile
Hinweise zu den Soundfiles
Für die Aufnahmen kam ein Kondensatormikrofon zum Einsatz, Typ C414 von AKG, nahe platziert vor einem Celestion Vintage 30 in einer konventionellen 4×12-Box. Die Preamps steuerten über den FX-Return (wie von Mooer empfohlen) direkt die Endstufe eines VH2 (Vollröhren-Topteil) von Diezel an.
Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von yoFocusrite in Logic Pro X eingespielt und abgemischt. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuert die Raumsimulationen bei.
Die Instrumente sind eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg) und eine Steinberger GL4T.
In den Clips 9 bis 11 hören wir mein Referenz-Riff (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter der getesteten Produkte auf einer quasi-neutralen Ebene vergleichen kann.
Ich wünsche viel Vergnügen, und.., wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).
Fragen, Anregungen und ja, auch Kritik sind wie immer stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de. Es klappt nicht immer, aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.