Meilenstein 1967

Cream: Disraeli Gears

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Meilenstein Cream
(Bild: Polydor)

Ich werde nie vergessen, wie wir nach den Aufnahmen zu ,Disraeli Gears‘ nach London zurückkamen“ schreibt Eric Clapton in seiner Autobiografie (Mein Leben, Kiwi, 2007). Und weiter heißt es: „Wir waren alle aufgeregt, weil wir unserer Ansicht nach ein bahnbrechendes Album gemacht hatten, eine magische Mixtur aus Blues, Rock und Jazz. Zu unserem Pech hatte Jimi gerade ,Are You Experienced?‘ veröffentlicht, und das war das Einzige, was alle hören wollten. Im Grunde deklassierte er alle anderen und war die Mode nicht nur eines Monats, sondern eines ganzen Jahres.“

Tatsächlich spielte der US-Amerikaner Jimi Hendrix zu seiner Londoner Zeit mit seiner Virtuosität und Performance die britische Gitarristenelite von Jeff Beck über Pete Townshend bis hin zu Jimmy Page mal eben an die Wand. Doch es kam für das zweite Album von Clapton (g, voc), Ginger Baker (dr) und Jack Bruce (b, voc) dann doch nicht so hart.

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,Disraeli Gears‘ landete in den USA und UK in den Top 5. ,Strange Brew‘ und ,Sunshine Of Your Love‘ waren die herausragenden Nummern, die deftig nach vorne rockten. Eine wesentlich psychedelischere Richtung schlugen ruhigere Stücke wie ,World Of Pain‘ oder ,Dance The Night Away‘ ein – dank hoher Gesangsstimme, cleaner Pickings oder Strumming, und extrem verhallter Gitarrensoli. Gerade Letzteres zeigt den Einfluss der West-Coast-Band The Byrds und ihrem knackigen Rickenbacker-Gitarren-Sound.

Meilenstein Cream
Cream: Jack Bruce, Ginger Baker und Eric Clapton (Bild: Universal / Don Paulsen)

Einfach nur scharf, wie in ,Tales Of Brave Ulysses‘ diese psychedelische Stimmung mit für die Zeit hartem Rock vermischt wird. Markant sind Claptons WahWah-Einlagen über einen stoischen Bass-Lauf, den die Gitarre später doppelt. Der Song illustriert beispielhaft, wie stark Ginger Bakers Spiel die Band prägte. Zum einen konnte er die Musik mit geraden Beats nach vorne treiben, zum anderen waren da schnelle Breaks und unkonventionelle Grooves mit viel Beckeneinsatz, was seine Jazz-Wurzeln zeigte.

Eingängiger geriet das schnelle wie verspielte ,SWALBR‘, und der ,Outside Woman Blues‘ atmete mit den eher braven Rhythmusgitarren ein wenig den Geist der frühen Beat-Ära. Nun fast, denn der wird kontrastiert durch ein druckvolles Unisono-Thema von Gitarre und Bass, das irgendwann in die Zweistimmigkeit ausbricht – letztlich ein, wenn nicht das Markenzeichen von Cream.

Untrennbar damit verknüpft ist der progressive Gitarren- und Bass-Sound. Was seine Instrumente betrifft, hatte Clapton eine interessante Entwicklung hinter sich. Spielte er bei den Yardbirds noch eine Fender Telecaster, wechselte er bei John Mayall‘s Bluesbreakers zur Gibson Les Paul. Spätestens ab ,Disraeli Gears‘ rückte eine 65er Gibson SG Standard in den Vordergrund. Berühmt wurde diese Gitarre durch die knallige Bemalung des niederländischen Künstlerduos The Fools. Zudem kam auf dem Album eine schwarze Les Paul Custom zum Einsatz.

Clapton sieht man in Live-Mitschnitten mit Marshall-Stacks, und auch im Studio spielte er damals Marshall 1959 Superlead Verstärker plus eine 4x12er Box. Für die angezerrten Sounds mit dezenter Fuzz-Charakteristik, z. B. in ,Strange Brew‘ und ,Sunshine Of Your Love‘, verwendete er lediglich einen aufgerissenen Fender Twin Reverb.

Auch Jack Bruce war auf der Suche nach neuen Klängen. Der Fender Bass VI, den er bei der Graham Bond Organization verwendet hatte, wurde ausgetauscht gegen einen Gibson SG EB-3 Shortscale-Bass, der für leichteres Spiel mit La Bella Light-Gauge-Saiten bestückt wurde. Zudem benutzt er bei einigen Stücken auch einen Danelectro Longhorn Bass. Der fette Sound wurde laut www.jackbruce.com mit 100-Watt-Marshall-Verstärker und 4x12er Marshall-Boxen erzeugt.

Eric Claptons eingangs zitierte Einschätzung traf und trifft immer noch zu. ,Disraeli Gears‘ verarbeitete originell und kreativ die Strömungen seiner Zeit – inspirierend war dabei sicherlich, dass die Aufnahmen nicht in der Heimat sondern in den Atlantic Studios New York stattfanden. Cream gingen einige Schritte nach vorne, speziell was das Gitarrenspiel betraf. Allein das hypnotische Riff in ,Sunshine Of Your Love‘ gehörte später zum Pflichtprogramm für Gitarristen. Und ,Disraeli Gears‘ avancierte zu den großen und einflussreichen Rock-Alben seiner Zeit – 1967 beinahe konkurrenzlos 😉

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(erschienen in Gitarre & Bass 09/2018)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ein hervorragender Abriss des Zusammenspieles von Cream mit
    Eric Clapton, erwähnenswert, danke sehr!

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