Robert alias Bob Keeley ist von Anfang an Teil einer Entwicklung, bei der kleinere Hersteller eine immer größere Rolle auf dem Effektepedal-Markt spielen. Und das ausgerechnet mit etwas so vermeintlich Unspektakulärem wie einem Compressor-Pedal! Man kann sagen, der Mann hat Kultstatus. Von den Höhen und Tiefen seiner Geschichte berichtete er Gitarre&Bass bei einer sehr persönlichen Begegnung.
Satt klirrende Arpeggios und Akkordwechsel schallen durch eine Glastür, als wir am einstöckigen Keeley-Firmengebäude im Stadtteil Edmond in Oklahoma City ankommen. Robert Keeley ist ins Gitarrenspiel vertieft. Etwa so, wie in den vier Jahren seiner Highschool-Zeit, die er als Sohn eines in Deutschland stationierten US-Soldaten in Otterbach bei Kaiserslautern hauptsächlich mit Üben verbrachte.
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Als er uns bemerkt, ist seine Begrüßung herzlich. Der Rest des 25-köpfigen Teams hat an diesem Tag frei, denn bei Keeley werden nur noch 36 Stunden pro Woche gearbeitet, bezahlt werden jedoch 40. Diese Besonderheit erklärt der Chef damit, dass er seit einem Burnout die Dinge etwas entspannter angeht. Da wäre es doch unfair, wenn seine Mitarbeiter mehr als er selbst leisten müssten. Dafür laufen trotzdem fast alle Computer und Maschinen – welcome to America!
die anfänge
Als Robert Keeley Ende der 80er-Jahre nach Oklahoma kam, war die Stadt heruntergewirtschaftet. Er selbst spielte in dieser Phase viel in Hippie- und Jam-Bands, und versuchte sich nebenbei auch in der Country-Musik. Es gab zwar nur wenige Jobs, aber Keeley schaffte es, immer wieder Beschäftigungen zu finden, die seiner durch einen Fender-Deluxe-Amp geweckten Elektronik-Begeisterung entgegenkamen. So arbeitete er zum Beispiel in der Reparatur-Abteilung eines HiFi-Ladens oder modifizierte Fotoausrüstungen, Thermodrucker und Medizintechnik.
Nach der Lektüre eines Buchs von Gerald Weber (Gründer von Kendrick Amplifiers) und dem Zusammentüfteln einiger Amp-Klone wollte er damals eigentlich in den Verstärkerbau einsteigen. Doch in diesem ohnehin schon übersättigten Marktsegment eine Firma zu gründen, überstieg Keeleys finanzielle Möglichkeiten.
Als Abschlussprojekt seines Studiums der Elektrotechnik konzipierte er ein Delay-Pedal mit integriertem Tuner, und während er als Dozent an der Uni anfing, baute er eine erste Version eines Klons des legendären Ross Compressors. Dessen warmer, inspirierender Klang mit langem Sustain haute nicht nur ihn um, sondern verkaufte sich auch wie verrückt auf eBay. Die Gewinne wurden sofort wieder in Materialien investiert, und im Jahr der Gründung seiner Firma stellte Robert mehrere seiner Studenten ein, um der hohen Nachfrage nachzukommen. Das war 2001, einige von ihnen arbeiten noch heute in der Firma.
Den Klonen und Modifikationen – beispielsweise von Boss-Pedalen – folgten bald erste eigenständige Designs wie der Katana Boost. Bezüglich Originalität meint Keeley: „Das Nachbauen und Modifizieren ist ein guter Startpunkt, um herauszufinden, was Musikern wichtig ist. Im Grunde wurde alles schon einmal gemacht und analoge Schaltkreise sind nicht wirklich kompliziert.“ Dieser No-Secrets-Philosophie entsprechend stellt er schon mal den Schaltplan eines neuen Fuzzes online. Von den Mods und dem Keeley Compressor kursieren zahlreiche Anleitungen und Nachbauten im Internet. Ob da allerdings exakt die gleichen hochwertigen Bauteile, die eben den Unterschied ausmachen, verwendet wurden, weiß man nicht so genau.
In den originalen Keeley-Designs steckt jedenfalls viel Detailversessenheit, um den klanglichen Vorlieben von Musikern erst nachzuspüren und dann mit verbessertem Soundverhalten gerecht zu werden. Dafür schöpft Robert Keeley nicht nur aus der eigenen Praxiserfahrung, sondern schaut sich seit jeher in Online-Foren um und holt sich Feedback ein.
Zudem arbeitete er schon früh mit anderen Firmen und bekannten Künstlern zusammen. So zum Beispiel auch mit Peter Frampton, der sich einen Mix aus Talk Box und Amp Switch bauen ließ, oder Larry LaLonde von Primus, für den mehrere Custom-Workstations realisiert wurden, und immer wieder mit Dweezil Zappa, dem Sohn von Frank. Solche „Signature-Pedale“ versteht Bob zumeist eher als Nebenprojekte – und die „Stars“ als Freunde.
am wendepunkt
Mit dem guten Ruf seiner Compressor-Pedale stieg Keeley Electronics gegen Ende der Nullerjahre in die Liga der großen Effektpedal-Hersteller auf. Zum Lineup der Kompressoren zählen heute neben dem klassisch anmutenden Compressor Plus u. a. der spezielle Compressor Bassist, sowie der etwas größere Compressor Pro mit vielfältigen Einstelloptionen wie bei einem Studio-Compressor. Gerade neu herausgekommen ist der Aria Compressor Drive, der die Reihenfolge der beiden Effekte tauschen und via TRS-Buchsen dazwischen sogar weitere externe Pedale einschleifen kann.
Einen Einschnitt gab es dann im Jahr 2009, als aus ungeklärten Gründen die Werkstatt abbrannte. Zur selben Zeit stand privat eine kostspielige Scheidung an. Zudem noch ganz andere persönliche Probleme, die eine Entscheidung zwischen Gesundheit und Lebensstil erforderlich machten. Manch einer hätte da wohl oder übel aufgegeben. Robert Keeley jedoch baute die Firma mit einer Jetzt-erst-recht-Attitüde wieder auf. Das Kreieren von Klängen war für ihn dabei eine Form der Selbsttherapie und er entwickelte zunehmend komplexere Effekte, die man so noch nicht gehört hatte.
Er erklärt das heute so: „Ich will Sounds erschaffen, die live nutzbar und so packend sind, dass die Leute wieder Lust bekommen, genauer hinzuhören und zu spielen. Das muss unmittelbar inspirierend sein.“ Und Robert Keeley weiß, dass schon die Anschlagsdynamik eines Pedals inspirierend sein und zum Alleinstellungsmerkmal werden kann. So zum Beispiel beim BubbleTron Dynamic Flanger Phaser, der bewusst Assoziationen zum legendenumwobenen Mu-Tron weckt und sich auf Frank Zappas Experimente mit sich gegenseitig beeinflussenden Effekten beruft.
Oder es sind magische Sounds, die längst im kollektiven Musik-Bewusstsein eingebrannt sind und bisher nur mit wesentlich mehr Aufwand realisierbar waren. Dies ist beispielsweise beim 30ms Double Tracker, beim Abbey Chamber Verb oder beim Memphis Sun der Fall, die ausnahmslos in Anlehnung an berühmt gewordene Studio-Technik konzipiert sind.
das comeback
Die Konstante in Bob Keeleys Selbstfindungs- und Neuerfindungs-Prozess war, dass er alle Gewinne immer sofort reinvestierte, um beständig zu wachsen. Demgemäß sind am neuen Standort nun drei CNC-Maschinen im Einsatz, um Löcher in die Gehäuse zu bohren, vier UV-LED-Drucker für die Grafik-Designs und eine Anlage für Pulverlack-Beschichtungen. So werden aktuell bis zu 800 Keeley-Pedale pro Woche gefertigt, und Gehäusebohrungen für andere Hersteller werden ganz nebenbei auch noch erledigt. Derzeit wird die Produktion auf noch weitere angemietete Räume im benachbarten Gebäudekomplex ausgeweitet.
Natürlich gab es auch im Personal viele Neuzugänge. Craighton Hale, der Sohn von Keeleys zweiter Ehefrau, designt die Leiterplattenmodule, die dann in Kansas City, Missouri vorproduziert werden. Das Bestücken mit Bauteilen erfolgt inhouse, für manche Pedale werden die Circuit Boards auch komplett eigengefertigt. Aaron Tackett ist als einer von vier Elektroingenieuren im Haus derjenige, der mithilfe von Programmen, Assembler-Sprache und der Programmiersprache C die digital erzeugten Sounds definiert.
Zum Erfassen, Analysieren und Simulieren von Klängen hat das Keeley-Team inzwischen sehr präzise Methoden für die getreue Wiedergabe entwickelt. Dadurch haben sich die Möglichkeiten, anhand der Kombination aus analogen und digitalen Sounds, neuartige Klänge zu erzeugen, vervielfacht. Gute Beispiele hierfür sind das Monterey Rotary Fuzz Vibe, das „metasymphonische“ Dark Side oder die verschiedenen multifunktionalen Workstations, die alle traditionelle analoge Schaltkreise mit digitaler Technologie kombinieren.
Nicht weniger wichtig im Team sind Mitarbeiter/-innen, die an besonders betriebsamen Tagen bis zu hundert Platinen zusammenlöten können und reparieren, wenn experimentierfreudige Benutzer mal wieder das falsche Netzteil verwendet haben. Oder Christina, die mit sehr feinem Gehör jedes Effektpedal vor der Auslieferung in den unterschiedlichsten Einstellungen ausgiebig durchtestet.
Zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und damit die Musik bei dem Ganzen nicht zu kurz kommt, gibt es dann bei den Keeleys zu Hause regelmäßig Jam-Sessions.
die zukunft
„Wenn es erst mal läuft, macht das wirklich Spaß – viel besser als ein richtiger Job“, meint Bob und spricht leidenschaftlich eine Empfehlung für den Beruf des Elektroingenieurs aus. Auch im allmählich voranschreitenden Alter hat er noch lange keine Lust auf Ruhestand. Derweil laufen mit David Koltai von Supro Gespräche für einen gemeinsamen, pedal-freundlichen Amp mit zwei Kanälen und vielleicht sogar verschiedenen Voicings für britischen und amerikanischen Sound. Außerdem sind für dieses Jahr noch fünf limitierte Pedale geplant, die die Klänge von Verstärkern im Stil der 50er-Jahre nachbilden.
Das klingt einerseits stark retro-orientiert, zumal Robert Keeley die Ära des legendären Vintage-Equipments als Jugendlicher in den 70er-Jahren und vorher schon als Kind durch seine musikalischen Eltern miterlebt hat. Andererseits treibt er die Weiterentwicklung der Effekttechnik ständig voran. Dieser Mann erscheint einem fast wie ein Verknüpfungspunkt zwischen den Zeiten, einer, der die guten alten Sounds bewahrt und dem Repertoire laufend neue hinzufügt. Wer ihn näher kennenlernen möchte, findet Bob’s Blog, Video-Einblicke in die Produktion und noch einiges mehr auf www.robertkeeley.com.