Idee und Umsetzung
Test: Écho D’Artistes Grand Auditorium Moderne Selection Rosewood
von Guido Lehmann, Artikel aus dem Archiv
In der Nähe von Toulouse, im Département MIDI-Pyrénées, liegt das schöne 5000-Einwohner-Örtchen Fronton. Hier setzten ein paar außergewöhnliche Gitarrenbauer ihre ebensolchen Ideen in ganz besonderen Instrumenten um.
Die kleine Firma Écho D’Artistes ist in jeder Hinsicht abseits des Mainstream und entwickelt in aller Ruhe schöne und in ihrem Sinne optimierte Gitarren. Dabei konzentriert man sich auf Archtop-Jazz-Gitarren und Folk-Modelle – auch Nylonstring-Varianten sind im Portfolio. Wir haben zum Test eine Steelstring-Acoustic, die – einmal aus dem schicken Koffer geholt – keine Zweifel daran aufkommen lässt, etwas ganz Besonderes zu sein.
neu gedacht
Die Hölzer werden laut Hersteller für jede Gitarre sehr sorgfältig und gewissenhaft ausgesucht und zusammengestellt, um schon in dieser frühen Phase die Weichen für ein perfektes Instrument zu stellen. Im Falle unserer Grand Auditorium sind das Europäische Fichte für die Decke und Indischer Palisander für Zargen und Boden – natürlich gänzlich massiv. Schon in den drei Bestandteilen Decke, Zargen und Boden stecken etliche Ideen, die diese Écho D’Artistes zu einer besonderen Gitarre machen. Das Schallloch in der Decke ist relativ klein und deutlich aus der Mitte weg nach vorne oben versetzt. Die Idee dahinter: so hat man viel mehr resonierende Deckenoberfläche, was Bassanteile, Sustain und Dynamik fördert.
Der Boden ist leicht gewölbt. Die Idee dahinter: die Wölbung erzeugt eine Menge statischer Stabilität – im Gegenzug können Boden und Bracing dünner ausfallen. Das wiederum erhöht maßgeblich das Schwingungsvermögen des Bodens. Die Zargen sollten besonders stabil ausfallen. Lösung: je ein Band aus Mahagoni innen an den Rändern der Zargen. Besonderer Hingucker bei den Zargen ist natürlich das zusätzliche Schallloch, welches hauptsächlich dem Spieler zugutekommen soll.
Die Korpuskanten sind mit einem eleganten und trotzdem dezenten Binding aus Rosewood/Maple/Ebony in Szene gesetzt. Die Saiten sind in einem fast schon künstlerisch ausgeformten Steg fixiert und gehen über die kompensierte Stegeinlage aus Knochen Richtung perfekt gefeiltem Sattel. Die Mensur beträgt 648 mm. Der Hals aus drei Teilen Cedro ist am 14. Bund angesetzt, hat ein deutliches D-Profil und ein Griffbrett aus Palisander. 21 Bundstäbchen sind hier perfekt eingesetzt, Einlagen gibt es keine, nur kleine Dots auf der Kante in den Lagen 5, 7 und 12 helfen ein wenig bei der Navigation.
Die Kopfplatte mit Palisander-Layer beherbergt sechs geschlossenen Gotoh-Mechaniken, die in gewohnter Qualität und Präzision für gute Stimmung sorgen. Hier an der Kopfplatte ist auch der Zugang zur Halsjustierung, die durch zwei Carbon-Stäbe gewährleistet wird.
Das ganze Instrument ist höchst sauber und makellos gefertigt, alle ist in einem Satin-Finish gehalten, was eine tolle Haptik mit sich bringt.
neu gehört
Die ersten beeindruckenden Höreindrücke entstehen schon, als ich den Korpus abklopfe. Besonders wenn man nur mal mit der Fingerkuppe auf den Boden der Steelstring tippt, reagiert diese wie eine Trommel und resoniert in einem Maße, das ich so noch nicht kannte.
Da müsste ja ein angeschlagener Akkord so richtig … wow, ja da kommt eine Wall-of-Sound rüber – alle Achtung. Und das eben auch in Richtung Spieler. So einen sonoren, satten, lauten und abgehangenen Sound hat man als Spielender sonst nicht. Ich decke das Zargen-Schallloch mal ab – ja, das macht einen riesigen Unterschied. Und der Anteil des Bodens am Gesamtsound wird deutlich, wenn man die Gitarre zu fest an den Körper drückt und so das freie Schwingen unterbindet. Also, schön easy und relaxt bleiben. Dieses stark ausgeprägte Resonanzverhalten liefert dann natürlich auch sattes Sustain, enorme Dynamik-Reserven – also großen Spielraum für persönlichen Ausdruck, egal ob mittels Fingerstyle oder Plektrum.
Was den Hals angeht – ich bin eigentlich kein Fan von D-Shape, und eine Griffbrettbreite von 45 mm am Sattel liest sich erst mal heftig, aber die Écho D’Artistes spielt sich einfach klasse und völlig komfortabel. Es gibt beim besten Willen nichts zu meckern. Unser Testmodell ist eine Basis-Ausführung und soll das bezahlbare untere Ende des Programms repräsentieren. Will man also z. B. einen Pickup, andere Hölzer, Finishes etc. muss/kann man das entsprechend ordern.
resümee
Diese Gitarre zu spielen ist ein Erlebnis! Die Klangausbreitung lässt einen glauben, man sei IN der Gitarre, und nicht dahinter. Die Südfranzosen aus Fronton haben zahlreiche sehr plausible Ideen konsequent umgesetzt und ein außergewöhnliches Instrument erschaffen. Qualität, Klang und Haptik können begeistern und lassen den Preis als völlig angemessen erscheinen. Hut ab, Chapeau, Vive la Fronkreisch!
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(erschienen in Gitarre & Bass 08/2018)
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